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Richard Stallman warnt vor „Careless Computing“

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Nach Ansicht des Gründers und Präsidenten der Free Software Foundation verleitet die Firma Google mit ihrem neuen Cloud-Betriebssystem „ChromeOS“ die Menschen zu einem zu leichtsinnigen Umgang mit ihren Daten.

Richard Stallman in der Universität Oslo am 23.02.2009

Foto: Gisle Hannemyr CC BY SA 3.0

Generell sei die extensive Nutzung von Cloud-Diensten „mehr als dumm“, denn sie bedeute einen Kontrollverlust über die eigenen Inhalte, so Stallman im britischen „Guardian“. Aktuell ist Stallman zunehmend besorgt über Googles ChromeOS, welches basierend auf GNU/Linux so entwickelt und verfremdet wurde, um möglichst wenige Daten und Inhalte lokal auf dem eigenen Rechner zu speichern. Stattdessen werden die Dateien der Nutzer in Googles „Wolke“ gespeichert, auf Servern der Firma an unbekannten Orten. In den USA, so der Gründer des GNU-Projekts, verliere jeder Einzelne auch seine diesbezüglichen Bürgerrechte mit Auslagerung der Dateien, denn wenn diese auf Firmenrechnern gespeichert seien, sei eine staatliche Einsichtnahme ohne Kenntnisnahme des Betroffenen oder einen Durchsuchungsbeschluss, anders als beim eigenen Rechner zu Hause, möglich. Für ihn stellt die Entwicklung eine regelrecht erschreckende Gefahr dar, denn die amerikanische Regierung würde wohl derlei Entwicklungen unterstützen – wegen dem einfachen Zugriff auf die Daten. Je mehr Nutzer ihre „Freiheitsrechte“ insofern freiwillig aufgäben, desto größer sei die Gefahr dass eines Tages die Selbstverständlichkeit, seine eigenen Daten frei und privat aufzubewahren, in Abrede gestellt wird.

Auch in der Presse der letzten Tage gab es wiederholt kontrovers diskutierte Nachrichten über die Verhaltensweise einiger vornehmlich amerikanischer Cloud-Service-Dienste. So stellte Amazon das Hosting für die Enthüllungsplattform Wikileaks ein, nachdem ein amerikanischer Senator dem Unternehmen Verantwortungslosigkeit vorgeworfen hatte. Das Unternehmen berief sich später bei der Kündigung auf seine Geschäftsbedingungen. Auch der Zahlungsdienstleister Paypal stellte seine Überweisungen an die Wau-Holland Stiftung ein. Ein Mitarbeiter der Firma ließ auf der Messe „Le Web“ in Paris verlauten, dies sei auf Druck des Außenministeriums der USA hin geschehen. Nur kurze Zeit später wurde in einer Unternehmensmeldung der Aussage des Mitarbeiters widersprochen. Bei einer aktuellen Prüfung sei des Konto aufgrund von Verstößen gegen die Nutzungsrichtlinien gesperrt worden.

Free Software Foundation wünscht sich von Google VP8 als freien Standardcodec für YouTube

Samstag, 20. Februar 2010

Im August 2009 kündigte Google an, den Video-Codec Spezialisten „On2 Technologies“ für 106,5 Millionen US-$ übernehmen zu wollen.

In den 1990er Jahren entwickelte die junge Firma, damals unter dem Namen „The Duck Corporation“ den Videocodec „TrueMotion S“, der in videobasierten Computerspielen jener Zeit eingesetzt wurde. 2002 wurde der von On2 Technologies entwickelte VP3 Codec samt Quelltext und verbundenen Patenten der freien Software Gemeinde übergeben und stellt seither die Grundlage des weit verbreiteten quelltextoffenen, patentfreien Codecs Theora dar. Die Weiterentwicklung VP6 wurde im Jahr 2004 in Version 8 von Adobes Flash eingefürt und stellt damit bis dato den Standard für Videowiedergabe innerhalb des Flash-Formats. VP7, im Frühjahr 2005 angekündigt, wird im Videokonferenzteil des Messengers Skype eingesetzt. VP8 schließlich, seit Herbst 2008 verfügbar, ist wohl momentan der beste erhältliche Videocodec überhaupt. So zeigen auch Vergleichstests mit H.264 bei gleicher Bitrate eine erheblich bessere Videoqualität.

Nun, am 16. Februar 2010 konnte die Übernahme von On2 Technologies durch Google erfolgreich abgeschossen werden.

Es fällt nicht schwer, sich auszumalen welche Beweggründe Google dazu verleitet haben dürften den Video-Codec Spezialisten übernehmen zu wollen: Google betreibt mit YouTube das größte Videostreaming-Portal der Welt. Im Oktober 2009 gab YouTube bekannt, über eine Milliarde Videoaufrufe täglich zu verzeichnen. Angeblich ist das Portal für 10% des gesamten weltweit versendeten Datenvolumens verantwortlich. Dementsprechend müssen die Hosting- und Traffickosten für den Konzern enorm sein. Schon kleine Einsparungen im Datenvolumen dürften sich ganz beachtlich in den laufenden Kosten niederschlagen.

Nun kommt der, am 16. Februar 2010 von der Free Software Foundation (FSF) abgesendete, offene Brief an Google nicht unbedingt überraschend.
Die FSF fordert Google nunmehr auf, VP8 als freien, quelltextoffenen Codec freizugeben und unter YouTube einzusetzen um damit das Internet von einerseits dem Flash-Format und dem auch im Internet immer populärer werdenden, proprietärem Videocodec H.264 zu befreien.

Die Vorstellung wäre in der Tat verlockend, könnte doch durch den Einsatz der modernen HMTL5- Browser jeder Nutzer ohne das installieren zusätzlich (proprietärer) Software wie Adobes Flash in den Genuss hocheffizienter Videos kommen. Organisationen wie Mozilla oder Wikimedia warten schon sehnlichst auf entsprechende Möglichkeiten. Und auch aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten würde die Freigabe der Schlüsseltechnologie VP8 nicht unbedingt den Firmenwert von Googles jüngster Tochter On2 Technologies neutralisieren. Das hat nicht zuletzt die Freigabe von VP3 als Open Source gezeigt, denn On2 ist heute wohl immer noch Marktführer in Sachen Videokomprimierung.